Rede der SPD-Fraktion im Tuttlinger Gemeinderat zum Haushalt 2017
Die SPD-Fraktion hat sich bei ihrer Stellungnahme zum Haushalt 2017 leiten lassen von einem ‚roten Faden‘, der hilft, Kurs zu halten zwischen
- Sanierungsstau und weiter steigendem Personalhaushalt,
- zwischen großen Aufgaben im Bereich der Bildung und Betreuung, Bauinvestitionen und Grunderwerb für Gewerbe und Wohnungsbau.
Der rote Faden hilft, einen Weg zu finden
zwischen einerseits der möglichen strukturellen Unterdeckung des Gesamtbudgets und dem, was an Instandsetzung notwendig ist im Dunkel der Wasser- und Abwasserkanäle, der Stromleitungen und beim Trinkwasser, von der überfälligen Breitbandverkabelung und städtischen Liegenschaften, Straßen und Plätzen ganz zu schweigen
und andererseits den Aufgaben, die die Stadt als regionales Zentrum erfüllen will und muss, bei Arbeitsplätzen, Schulen, Kultur und für Hochschule und Forschung.
Der rote Faden läuft entlang der Fragen:
Ist das, was wir festlegen im Haushalt, im Interesse von möglichst Vielen, ist es fair, ist es nachhaltig und zukunftsorientiert, sind die Weichenstellungen und Entscheidungen begründet und nachvollziehbar und entlang von offenen Planungen, werden die Bedürfnisse der Leistungsträger an der Werkbank, der Supermarktkasse oder im Pflegeheim genauso beachtet wie die in den Vorstandsetagen und Amtsstuben?
Ist es menschlich (human/christlich) und ist das, was wir als Stadt an Ausgaben und Einnahmen beschließen, darauf gegründet, dass Verwaltung und Gemeinderat sich als Interessenvertretung aller Bürgerinnen und Bürger verstehen, nicht als ‚die da oben‘ ?
Diese Leitlinien sind sehr anspruchsvoll, und sie immer einzuhalten ist in der Realität schwierig. Aber das Gegenteil, das Durchwursteln und Entscheiden von Problem zu Problem, ist unprofessionell und beliebig, und undurchsichtige Beschlüsse führen nur zu Verschwörungs-theorien.
Wir stellen fest, dass der vorliegende Haushalt für 2017 im Sinne unseres ‚roten Fadens’ zustimmungsfähig ist, dass er vergleichsweise ausgewogen und nachhaltig ist und wir sind froh, dass die Stadt ohne Nettoneuverschuldung ins neue Jahr gehen kann.
Ein paar Punkte sind uns wichtig:
Einer der größten Posten auf der Ausgabenseite ist der Personalhaushalt, der im Vergleich zum Vorjahr nochmal um etwa 7% steigt. Neue Stellen beim Kommunalen Ordnungsdienst und in der Schulsozialarbeit sind neben der Tariferhöhung der Hauptgrund. Das Sicherheitsgefühl in der Innenstadt, vielfach und von unterschiedlichen Anwohnern und Passanten als mangelhaft geschildert, kann verbessert werden durch städtische Uniformträger, die Präsenz zeigen, kontrollieren dürfen und auch mal zu ungewöhnlichen Zeiten Streife gehen sollen.
Dass Schulsozialarbeit notwendig ist, auch an Gymnasien, kann man jeden Tag erfahren.
Das alles haben wir beschlossen, aber wir halten es für notwendig, dass aus der Verwaltung heraus Veränderungsvorschläge gemacht werden, wo Stellenbeschreibungen nicht mehr den realen Aufgaben entsprechen. Ob das mit einer pauschalen Kürzung im Personaletat gemacht wird, darüber kann man diskutieren. Jedenfalls darf die pauschale Kürzung nicht an den „Kleinen“ abgearbeitet werden, an den Reinigungskräften, den Bauhofmitarbeitern, an den Jungen und bei der Übernahme von Azubis, wenn es bei anderen Stellen Gewohnheitsrechte geben sollte. Hier vertrauen wir auf die internen Personalexperten und darauf, dass ein kleines externes Gutachten unterstützend und vertrauenbildend helfen kann.
Wir sind froh, dass mit dem Vorsatz, die Stockacher Straße im kommenden Jahr wenigstens teilweise zu sanieren, ein Anfang gemacht wird. Und der Eigenbetrieb Stadtentwässerung hat bereits Schachtflächen begradigt. Dass dort ab sofort nachts Tempo 30 gilt, war ja die Bitte der Anwohner, und wir sind froh, dass eine Mehrheit bei den Haushaltsberatungen das unterstützt hat. Tempo 30 nachts auch auf weiteren Strassen – wir wollen hier nicht locker lassen, aber es muss den gewünschten Effekt haben, also kontrolliert werden und tatsächlich den Lärm verringern.
Übrigens gilt hier wie bei anderen ‚Erfolgen‘: nur weil Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fraktionen mitgestimmt haben, konnte dieser Antrag Erfolg haben. Genauso wie bei der Stabilisierung von Tuttilla oder anderen Anträgen sind viele Mütter und Väter beteiligt, wenn eine Mehrheitsentscheidung gelingt. Das macht die gute und sachliche Atmosphäre in diesem Gemeinderat aus, keine Fraktion hat eine Sperrmehrheit, wir müssen und wollen zusammenarbeiten. Opposition macht kommunal meistens keinen Sinn, wenn man etwas erreichen will. Andersdenken allerdings kann Schwächen offenlegen und zur Kreativität zwingen. So verstehen wir unsere Arbeit.
Wir unterstützen die Zielvorgabe „40.000 Einwohner“. Mehr Einwohner helfen, die Infrastrukturkosten der Stadt auf mehr Schultern zu verteilen und damit ein strukturelles Defizit zu minimieren. Aber Wohnen muss erschwinglich bleiben, die Erschließung von weiteren Flächen in den Talauen muss vermieden werden zugunsten von Verdichtung in der Stadt, von einem Baulückenmanagement und Programmen wie „Jung kauft Alt“ usw. Es passiert endlich etwas im Bereich des Wohnbaus und ob wir als Stadt zusammen mit Landesunterstützung Sozialen Wohnungsbau finanziell befördern werden müssen, hängt davon ab, ob es gelingt, etwa in der Nordstadt, einen guten Mix aus günstigen und teuren Wohnungen zu bekommen.
Neue Gewerbeflächen auszuweisen, etwa in den Gänsäckern, erscheint uns ungünstiger, als etwa Flächen, die zum großen Teil schon Eigentum der Stadt sind und deren Bodenwert sehr gering ist, für den weiteren Bedarf zu prüfen. Wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt und hoffen, 2017 hier weiterzukommen. Und der Gewerbepark Take-Off ist eben auch unser Gewerbepark und hat noch freie Flächen. Im Ortsteil Möhringen, wo sich viele Bürger bei der sog. Zukunftskonferenz engagieren, erwartet man viel von Verwaltung und Gemeinderat. Das Städtle hat Potential, gerade was die Lage an der Donau angeht, und es braucht ein Sanierungsgebiet, das helfen kann, dem Wohnen und Leben im Ort neue Impulse zu geben. Leider gab es keine Mehrheit für die Ausweisung von neuen Wohnbauflächen in Esslingen, dafür wird in Nendingen kräftig neu erschlossen und gebaut, was aber nicht auf Kosten der Ortskernsanierung gehen darf.
Wir unterstützen ausdrücklich, dass die Stadt sich finanziell am Innovations- und Forschungs-Centrum beteiligt. Eine einmalige Chance, Technologie-Entwicklung am Ort und damit weitere Fachkräfte zu bekommen und zu binden.
Die Hauptaufgabe der nächsten Jahre, die Modernisierung und Sanierung der Gymnasien, wird uns nächstes Jahr beschäftigen, wenn wir genauere Zahlen über die Kosten der einzelnen Bauabschnitte vorliegen haben. Es wird – wie auch beim Feuerwehrhaus – darum gehen, die Kosten genau zu prüfen und dort in Grenzen zu halten, wo es irgendwie möglich ist, ohne das Ziel „Gymnasien, die die nächsten Jahrzehnte sehr gut funktionieren“ aus dem Auge zu verlieren. Die Ziel 30 Mio Euro sollten wir gemeinsam anpeilen.
Hier wie bei der öffentlichen Sicherheit, bei der Hochschule, beim Sozialen Wohnungsbau usw. erfüllen wir Aufgaben, die wenigstens teilweise auch Landesaufgaben sind. Statt jedoch kräftig zuzuschiessen zieht die Landesregierung zusätzlich weitere 250 Mio Euro aus den Kommunen ab durch die Erhöhung der Vorwegentnahme im Finanzausgleich. Das ist ärgerlich und ungerecht auch angesichts der guten Finanzlage des Landes. Es bleibt zu hoffen – und wir müssen etwas dafür tun – dass vom kommunalen Entlastungspaket der Bundesregierung, u.a. für Schulsanierungen, etwas nach Tuttlingen fließt.
Wir danken der Verwaltung – insbesondere dem Team in der Kämmerei - für die gute Arbeit bei der Aufstellung des Haushaltes, wir danken dem Oberbürgermeister, dem Ersten Bürgermeister und dem Baubürgermeister für ihren Einsatz für Stadt, Land und Fluss ;-) und wir danken den Kolleginnen und Kollegen im Rat für die gute Zusammenarbeit!
Stand 13.12.2016 Hellmut Dinkelaker für die SPD-Fraktion